Stellungnahme 26.11.2024
Nach der vorläufigen Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen Libken, die wir am 29.10.2024 (siehe unten) veröffentlicht haben, wollen wir uns nun nochmals etwas ausführlicher äußern.
Wir haben in den vergangenen Wochen gemeinsam mit verschiedenen Menschen und Fachstellen überlegt, mit welchem Inhalt und auf welche Art wir diesen Text veröffentlichen wollen und können. Nach wie vor halten wir Instagram für einen ungeeigneten, da vereinfachenden und verletzenden Raum, um sensible, wichtige und komplexe Debatten rund um die Vorwürfe von Machtmissbrauch, patriarchalen Strukturen und (Mit)Täter*innenschaft, die unbedingt geführt werden müssen, zu führen.
Uns ist es wichtig, dass sich das, was wir im Folgenden schildern, auf die öffentliche Darstellung unserer Reaktion bezieht und keine Infragestellung des Vorfalls an sich ist. Wir nehmen den Vorfall sehr ernst und ziehen daraus Konsequenzen.
Wir bedauern die Verletzung, die die betroffene Person erfahren hat, sehr und stellen ihre Gefühle in keiner Weise in Frage.
Wir sind seit über drei Monaten bemüht, die Situation aufzufangen und zu bearbeiten. Zugleich sind wir nicht damit einverstanden, wie unser Umgang mit der Situation von der betroffenen Person auf Instagram dargestellt wurde. Wir wollen und können nicht auf alle gegen uns gerichteten Vorwürfe eingehen, wie zum Beispiel den „Rauswurf“, da wir andernfalls über Dinge schreiben müssten, die entgegen dem Respektieren des Persönlichkeitsrechts, auch das der Betroffenen, stehen. Zu deutlich sehen wir die Gefahr, dass dies zu weiteren Verletzungen auf allen Seiten führen könnte. Das möchten wir vermeiden.
Wir sind nicht daran interessiert, eine scheinbar einfache Positionierungslogik sowie das Einteilen in die vermeintlich richtige und die falsche Seite zu bedienen.
Zwei Dinge, die wir dennoch an dieser Stelle gerne den öffentlich gemachten Vorwürfen entgegenstellen wollen: Zum einen ist wichtig zu sagen, dass die betroffene Person zu dem Zeitpunkt der Vorfälle kein Gast im Residenzbetrieb von Libken war. Sie nutzte aufgrund einer privaten Vereinbarung zwischen sich und dem Beschuldigten dessen Wohnung mit.
Zum anderen haben wir mehrfach und in verschiedenen Konstellationen mit der Betroffenen gesprochen und unsere Hilfe angeboten. Das geschah unmittelbar nachdem die betroffene Person uns von dem Vorfall berichtete, den sie als verbal grenzüberschreitendes Verhalten während eines Festes beschrieb. Sie berichtete außerdem vom Erhalten irrationaler Chatnachrichten von dem Beschuldigten in den Tagen nach dem Vorfall.
Es gab von Anfang an Gespräche sowie weitere Gesprächsangebote an sie, mit und ohne den Beschuldigten, mit und ohne eine professionelle Begleitung, deren Kosten wir übernommen hätten. Bis heute ist unser an die Betroffene gerichteter Vorschlag, uns in einem begleiteten Gespräch gemeinsam an einen Tisch zu setzen, um den Vorfall und dessen Folgen aufzuarbeiten, unbeantwortet geblieben. Die letzte Gesprächsanfrage schickten wir ihr eine Woche bevor sie ihren Post auf Instagram veröffentlichte.
Wie bereits gesagt: Wir wollen die Gefühle der Betroffenen nicht kleinreden und es geht uns in diesem Text nicht darum, die Vorfälle zu leugnen, sondern einen Umgang mit der Situation zu finden, der ihrer Komplexität gerecht wird und darauf fokussiert ist, angemessene Konsequenzen zu ziehen.
Wir bedauern, dass wir es aufgrund der Komplexität der akuten Situation im Sommer nicht geschafft haben, den Erwartungen an eine transparente Kommunikation zu allen Mitwohnenden im Haus sowie ihrem Wunsch nach Einbezug entsprechen zu können, was zum Auszug einer Mietpartei mit neun Menschen geführt hat. Wir können uns die Frustration und Enttäuschung darüber vorstellen und es tut uns leid, dass es so weit gekommen ist.
Wir als Betreiber*innen-Team, das zurzeit aus drei Frauen und einem Mann besteht, sind mit großer Sicherheit nicht davor gefeit, bestehende gesellschaftliche Trampelpfade entlang zu trampeln und unfreiwillig z.B. patriarchale Mechanismen zu bedienen, zu deren Gegner*innen und aktiven Bekämpfer*innen wir uns zugleich zählen.
Wir sind ratlos über den kompletten Stillstand direkter, fairer und konstruktiver Kommunikation. Die Ereignisse haben uns auch zu der Frage geführt, ob und wie wir als Betreiber*innen-Team die Kraft und Kapazitäten aufbringen können, einen Ort, der so viele verschiedene Menschen, Bedürfnisse, Ansichten und Praxen miteinander in Kontakt bringt und die daraus entstehenden Konflikte und Ansprüche aushalten muss, der mit Ambiguitäten nicht nur in der Theorie, sondern in alltäglicher Praxis umgehen muss, weiterführen können und wollen.
In der Hoffnung, dass uns die Überzeugung, nicht aufhören zu dürfen, miteinander in Kontakt zu sein, Libken erhalten lässt, werden wir die nun beginnende Winterpause für die Ausarbeitung eines Konzepts nutzten. In diesem Zusammenhang stehen alle Strukturen in Libken zur Debatte und werden aus verschiedenen Perspektiven unter Einbezug von Fachpersonen sowie nahestehenden Freund*innen beleuchtet. Diese Prozesse benötigen Zeit und Raum. Und nicht zuletzt brauchen wir Zeit, um die Ereignisse zu verarbeiten.
Wir hoffen, dass Libken auch in Zukunft ein Ort sein wird, an dem sich unterschiedliche Menschen willkommen fühlen. Das zukünftige Konzept wird öffentlich einsehbar sein. Bei zukünftigen Libken-Veranstaltungen wird außerdem ein Awareness-Team vor Ort sein.
Die beschuldigte Person ist nicht weiter im Libken-Betrieb tätig.
Bei weitergehendem Interesse, Nachfragen oder dem Bedürfnis nach einem Austausch über die Ereignisse könnt ihr uns gerne direkt kontaktieren. Wir hoffen auf Euer Vertrauen darauf, dass wir uns als Residenzort mit den Vorfällen nach bestem Wissen und Gewissen und mit der Zeit, die es dafür braucht, auseinandersetzen.
Wir danken allen fürs Lesen.
Vorläufige Stellungnahme vom 29.10.2024
Am 28.10.24 wurde auf Instagram ein Beitrag über Libken veröffentlicht. Die Vorwürfe des Täterschutzes in diesem Beitrag sind uns, den Betreiber*innen, bekannt. Seit dem Sommer beschäftigen wir uns sowohl intern als auch mit externer Hilfe und Beratung mit diesen Vorwürfen. Wir nehmen die benannten Vorfälle zwischen dem Libken-Mitarbeiter und der Verfasserin des Posts ernst und haben wiederholt unterschiedliche Gesprächsformate, auch in Begleitung von Expert*innen, angeboten und uns gewünscht.
Wir stehen hinter den Werten, die wir mit unserer Arbeit in Libken seit Jahren stärken und weiterhin stärken wollen: Intersektionaler Feminismus, Antirassismus und Solidarität mit Menschen und Gruppen, die Diskriminierung erfahren. Natürlich sind wir nicht unfehlbar in unseren Handlungen. Hinzu kommt, dass niemand von uns hauptamtlich in Libken beschäftigt ist und ein grosser Teil unserer Arbeit auf ehrenamtlichem Engagement beruht. Aufgrund der so begrenzten zeitlichen Ressourcen mag unser Tempo unbefriedigend scheinen. Uns war und ist es immer noch wichtig, die Vorfälle mehrdimensional zu betrachten, mit der Zeit, die es dafür braucht.
Da Social Media zu einseitigen Darstellungen komplexer Sachverhalte einlädt, kann Instagram unserer Meinung nach nicht als Plattform dienen, um den gesamten Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist und die unterschiedlichen Perspektive darzustellen oder gar zu bearbeiten.
Um unsere Stille dort nicht als Schweigen deuten zu lassen, möchten wir an dieser Stelle sagen, dass wir uns nicht erst seit gestern intensiv mit dem Vorfall und dessen Folgen beschäftigen, uns fortbilden, Konsequenzen daraus ziehen und weiter ziehen werden.
Wir hoffen und arbeiten daran, dass sich all jene Menschen, die uns bereits seit Jahren immer wieder besuchen, als auch neue Gäste in Libken auch in Zukunft bei uns wohlfühlen werden.
Das Libken Betreiber*innenteam.