Wenn ich mit den Menschen, die mir in meinem Alltag begegnen, über den „Alltag“ meiner Kindheit spreche, muss ich viel erklären. So unterschiedlich sind doch unsere Herkünfte, unsere Erfahrungen, egal, ob wir uns gut kennen und nahe stehen, oder nicht. Für mich ist das immer wieder die Erfahrung des Fremden – ein Schreck, oder eine Überraschung. Eine freudige, wenn etwas Schönes auftaucht, was uns in der nicht zusammen verbrachten Vergangenheit verbindet. Ein Geschenk, wenn etwas Schweres, mit dem wir allein waren zu einer Zeit, nun geteilt und von weiter weg betrachtet werden kann. Eine Aufgabe vielleicht, wenn es uns zu bestimmen droht...
... In Libken konnte ich dieses Wechseln zwischen der geteilten und der ungeteilten Vergangenheit gut betrachten. Nicht nur, dass ich in den zwei Wochen dort selbst zu einem temporären Alltag nden musste (mit der Freiheit und dem Druck, den das beides beinhaltet). Ich konnte auch über zwanzig Menschen, mehrere Familien und bis zu drei Generationen dabei beobachten und befragen, wie sie Kindheit und Alltag erinnern und leben. Diese Erfahrung hat mich in meinem Bestreben dieses Thema weiter zu verfolgen nur bestärkt, auch wenn die Art der Sammlung des Materials als auch eine mögliche Produktion mich immer noch vor Rätsel stellt.
Um dem performativen Aspekt meiner Arbeit trotzdem zu begegnen, habe ich mich an einem Abend entschieden, die Menschen aus dem Haus einzuladen sich drei Märchen vorlesen zu lassen. Im Wasserwerk konnte dies geschehen und hat zu einem interessanten Gespräch über die verschiedenen Erfahrungen des Hörens und Lesens, der aus der Kindheit vertrauten Texte und deren E ekte geführt. Hier gehe ich mit mehr Klarheit weiter, was mir für meine Fragestellung wichtig erscheint. Vielen Dank für diese Zeit bei und mit euch!
Josephine Brinkmann
*1984, lebt in Berlin
Text / Körper / Raum